Der Australopithecus
Rekonstruktion des Australopithecus, ausgehend vom Skelett
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Die Geschichte des „Homo sapiens“ gibt dem Menschen immer noch viele Rätsel auf. Vor allem stellen sich Paläoanthropologen die Frage nach dem Bindeglied zwischen der Gattung der Affen („Anthropoidea“) und der der Homoiden.
In diese Lücke, die vor etwa 5 Millionen Jahren entsteht, fallen Fossilien einer längst ausgestorbenen Säugetiergattung – des Australopithecus. Der Australopithecus lebte im Pliozän, einem Zeitalter von vor ca. 4 Millionen bis vor 2 Millionen Jahren, und somit sehr nahe an der Aufspaltung einer Ursprungsart in Mensch und Menschenaffe. Wissenschaftler ordnen die Arten des Australopithecus den Hominiden zu, wodurch diese Gattung zum Vorfahrenkreis des Menschen gehört und dadurch eine große Bedeutung für uns hat.
Hypothetische Enwicklungslinie der Entstehung von Homo sapiens
Der Lebensraum des Australopithecus kann aufgrund gehäufter Fundorte ziemlich genau bestimmt werden. Allgemein ging die Verbreitung von Süd- bis Zentralostafrika. Daher setzt sich der Name des Australopithecus aus lat. Australis: „südlich“ und griech. Pithekos: „Affe“ zusammen.
Forscher nahmen zunächst an, dass die Anatomie des Australopithecus der des Homo sapiens sehr ähnlich sei. Dies schlossen sie aus bipeden Funden, die auf Zweibeinigkeit hindeuten und somit den aufrechten Gang begründen. Zu den Entdeckungen gehörten zum Beispiel die mehrfach gebogene Wirbelsäule, die den Oberkörper beim aufrechten Gang stützt und Schädel, deren Hinterhauptsloch weiter in die Mitte gesetzt war, als es bei Affen der Fall ist. Des Weiteren war der Oberschenkel nicht mehr gebogen, wie bei Affen, da ein Aufrichten des Oberkörpers ansonsten beinahe unmöglich gewesen wäre. Der aufrechte Gang hatte außerdem zufolge, dass das Becken der Primaten breiter wurde. Anders als bei Affen, die ein hohes und schmales Becken haben, entwickelten die Australopitheciden auch in dieser Hinsicht anatomische Anpassungen, die die Grundlage für den menschlichen Körper bilden. Da das Becken im aufrechten Gang die Last der im Oberkörper liegenden Organe zu tragen hat, war es breiter als das der Affen. Auch war der Brustkorb größer als bei Affen, um Platz für die Organe zu schaffen. Um im aufrechten Gang eine bessere räumliche Sicht zu haben, waren die Augenhöhlen der Primaten weiter vorne als die der Affen. Das Gebiss der Australopithecus zeigt intermediäre Merkmale von Affe und Mensch. Das Vorstehen des Oberkiefers vor dem Unterkiefer bildete eine deutliche Ähnlichkeit zur Schnauze der Affen.
Diese Funde stellen den Beginn einiger menschlicher Merkmale dar und somit Unterschiede zur Anatomie der Affen. Tendenziell könnte man anhand dieser Beispiele feststellen, dass die Entwicklung der menschlichen Merkmale anatomisch von unten nach oben stattfand.
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Aufgrund der Hinweise für die Bipedalismus der Australopithecus-Arten wurde vorausgesetzt, dass die verschiedenen Arten des Australopithecus vor allem am Rande der afrikanischen Regenwälder in der Savanne, bestehend aus weiten Graslandschaften, lebten. Jedoch wurde diese Meinung in den letzten Jahren teilweise revidiert, da man ebenfalls spezielle anatomische Anpassungen an das Leben im Baum- und Buschland der Regenwälder fand. So sind zum Beispiel die Fingerknochen für einen besseren Halt an Bäumen gebogen. Heute nimmt man an, dass sowohl der Großteil der Fortbewegung als auch der Schlaf des Australopithecus in Bäumen stattgefunden hat.
Jedoch war der aufrechte Gang und damit ein wichtiges Merkmal des Homo sapiens erfunden. Dieser bot dem Australopithecus einige Vorteile. Da die von der Sonne bestrahlte Oberfläche durch den aufrechten Gang enorm verringert wurde, konnte die Temperatur besser reguliert werden. Dies war für den Australopithecus wichtig, da er dem heißen Klima Süd-Ostafrikas ausgesetzt war und zudem das Klima im Pliozän um einige Grad Celsius wärmer war, als wir es heute kennen. Ein anderer Vorteil des aufrechten Ganges war die Ausdauer im Lauf, die besonders bei der Flucht vor Raubtieren lebensnotwendig war, sowie die Möglichkeit, die Arme während des Gehens zur Kommunikation oder zum Sammeln von Beeren, Früchten, Wurzeln oder Blättern für die Ernährung des Pflanzen- und Aasfressers zu nutzen. Aufgrund dieser Erfindung verlagerten sich die Schulterblätter aus einer eher seitlichen Lage nach hinten. Jedoch war ein Nachteil des aufrechten Ganges die relativ niedrige Laufgeschwindigkeit, weshalb es den Australopithecus-Arten nahezu unmöglich war, als Raubtiere Beute in Form von frischem Fleisch zu machen.
Über den Werkzeuggebrauch ist aufgrund der wenigen Funde nicht viel bekannt. Trotzdem schließt dies jedoch nicht aus, dass die Australopitheciden kleinere Steine und Stöcke verwendeten. Auch gibt es nur seltene Funde die Körpergröße betreffend. Man nimmt an, dass diese zwischen 1m und 1,60m lag. Das Gehirnvolumen betrug mit 400 bis 550 cm3 mehr als das der Schimpansen, reicht aber noch weit nicht an die 1345 cm3 des Menschen heran.
verschiedene Faustkeile
Lucy
Am 30. November im Jahre 1974 entdeckte Donald Johanson ein Teilskelett im Afar-Dreieck (Äthiopien). Interpretiert wurde das Teilskelett als weibliches Individuum. Benannt wurde das Fossil nach dem Beatles-Song „Lucy in the Sky with Diamonds“. Die Funde wurden am Hang einer Senke gemacht, die ein zum Awash (Fluss im nördlichen Teil Äthiopiens) entwässerten Wadi (zeitweilig austrocknenden Flusslauf) freigespült hatte. Es wurden 47 ihrer 207 Knochen gefunden. Im Vergleich zu anderen Funden ihrer Art ist sie relativ klein, da sie in etwa eine Körpergröße von 105 Zentimetern hatte. Eindeutige Anpassungen an den aufrechten Gang lassen sich anhand des Oberschenkels und dem Bau des Beckens zeigen. Die Form ihres Beckens und der Abnutzungsgrad entsprechen dem eines rund 25 alten Erwachsenen. Momentan befinden sich die Funde im Nationalmuseum von Äthiopien in Addis Abeba.
Quelle Bild: Public domain, Wikipedia-User: Dlanglois, http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0e/Lucy_Mexico.jpg
A. Bahrelghazali
- lebte vor maximal 3,5 Millionen Jahre
- Lebensraum: Wasserflächen, bewaldeten Gebieten und Grasland mit Bäumen
- Hinweise auf Körpergröße, Gehirnvolumen oder auf bestimmte Verhaltensweisen existieren aufgrund mangelnder Funde nicht
A. Afarensis („südlicher Affe aus Afar“)
- lebten vor rund 3,8 bis 2,9 Millionen Jahren
- Körpergröße der männlichen Individuen ca. 1,50 m und ihr Gewicht auf 40 bis 50 kg
- Körpergröße der weiblichen Individuen ca. 1,10 m und ein Gewicht von 28 bis 34 kg
- Durchschnittswert der Schädelfunde liegt bei 446 cm3
- relativ langen Arme sowie gebogenen Finger- und Zehenknochen
- überwiegende Fortbewegung auf Bäumen
- aufrechter Gang kann durch Kniegelenk, Schienbein und Oberschenkelknochen nachgewiesen werden
P. Aethiopicus
- lebte vor etwa 2,8 bis 2,3 Millionen Jahren
- Fossilien stammen aus den Sedimenten von Flüssen und Seen
A. Gahri („der überraschende südliche Affe“)
- lebte vor etwa 2,5 Millionen Jahren
- relativ große Backenzähne
- Innenvolumen des Schädels zirka 450 cm3
P. Boisei
- Lebten vor rund 2,3 bis 1,4 Millionen Jahre
- Größe des Schädels 475 bis 545 cm³
- Gewicht von 40 bis 80 kg
- Körpergröße von 1,20 bis 1,40 m
- Breite des Gesichtes
- Hals- und Kaumuskeln sowie die Backenzähne sind stark ausgebildet
- wird auch „Nussknacker-Mensch“ genannt, weil er die größten Backenzähnen besaß
A. Anamensis („südlicher Affe vom See“)
- lebte vor rund 4 Millionen Jahre
- älteste Art der Australopithecinen
- Schädel ähnelt dem der Schimpansen
- Backenzähne sind ziemlich groß, was auf grobe pflanzliche Nahrung schließen lässt
- Bau der Extremitäten ist nur schwer von dem des modernen Menschen zu unterscheiden
A. Africanus („südlicher Affe aus Afrika“)
- lebte vor 3,0 bis 2,5 Millionen Jahre
- konnte schon aufrecht gehen
- noch relativ lange Arme
- hielt sich öfter auf Bäumen auf
- relativ große Backenzähne
- Schädel relativ affen-ähnlich
- Gehirnvolumen ca. 400 bis 500 cm³
- ca. 1,10 bis 1,40 Meter und Körpergewicht von 30 bis 60 Kilogramm, wobei Männchen deutlich größer waren als Weibchen
P. Robustus (Crassidens)
- lebte vor 2,0 bis 1,5 Millionen Jahren
- Körpergröße von 1,10 bis 1,30 m und ein Gewicht von 40 bis 80 kg
- massives Gesicht ist flach, ohne Stirn und große Augenbrauenwülste
- relativ kleine Schneidezähne und Eckzähne, aber große Mahlzähne in einem großen Unterkiefer
- grobe, zähe Nahrung
- durchschnittliche Gehirngröße ca. 515 cm³