Name: Laura Weber, 2024-01

 

Weltweit ist ca. jede 40. Geburt eine Zwillingsgeburt. Diese Zahl steigt stetig durch Hormonbehandlungen und künstliche Befruchtungen. Aber was genau versteht man eigentlich unter dem Begriff „Zwilling“?

Umgangssprachlich wird von Zwillingen gesprochen, wenn es sich bei den Betroffenen um Personen handelt, welche in derselben Schwangerschaft herangewachsen sind und im selben Geburtsvorgang zur Welt gekommen sind. Allerdings entspricht diese Definition nicht der medizinischen Definition von „Zwillingen“.

Aus medizinischer Sicht sind Zwillinge zwei Kinder, welche dieselbe Mutter und denselben Vater teilen und am selben Tag (beim selben Geschlechtsverkehr) gezeugt wurden.

Auf den ersten Blick unterscheiden sich diese Definitionen nicht stark voneinander, jedoch schließt die umgangssprachliche Definition den seltenen Fall einer sogenannten Mehrfachbefruchtung mit ein. Eine solche Mehrfachbefruchtung ist möglich, wenn innerhalb eines Menstruationszyklus die Befruchtung von zwei Eizellen stattfindet, dies ist innerhalb von ca. 24 Stunden nach der ersten Befruchtung möglich, dennoch handelt es sich dabei nicht um Zwillinge, da die Kinder nicht aus einer Befruchtung entstanden sind.

 

Dass es verschiedene Arten von Zwillingen gibt, ist den meisten Menschen bewusst. Die bekannteste Unterscheidung findet dabei zwischen MZ-Zwillingen (eineiigen) und DZ-Zwillingen (zweieiigen) statt. 

  • MZ = monozygot = eineiig
  • DZ = dizygot = zweieiig

 

Allerdings lassen sich auch diese beiden Arten von Zwillingen nochmal in weitere Typen unterteilen.

Angefangen mit den DZ-Zwillingen, kann man zwischen gleichgeschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen Zwillingen unterscheiden.

Die Entstehung von DZ-Zwillingen ist durch das Anreifen von zwei Eizellen während eines Zyklus möglich, welche Beide von zwei verschiedenen Spermien befruchtet werden. Somit haben die beiden befruchteten Eizellen verschiedene Erbgutausstattungen, wodurch die Zwillinge eine genetische Übereinstimmungswahrscheinlichkeit von ca. 50% besitzen, welche genauso hoch ist wie die von „normalen“ Geschwistern. Umgangssprachlich wird deshalb auch von „Halbzwillingen“ gesprochen.

Eine solche Befruchtung ist allerdings nur möglich, wenn beide Eisprünge innerhalb von 24 Stunden geschehen.

 

Auch MZ-Zwillinge lassen sich in mehrere Typen unterteilen, doch den Beginn der Mehrlingsschwangerschaft setzt eine einzige befruchtete Eizelle, welche sich in den ersten Tagen nach der Befruchtung teilt. Diese Teilung bestimmt die Unterteilung der Typen.

Findet die Teilung des Keimes bis zum 3. Tag nach der Befruchtung statt, spricht man von dichorialen Zwillingen. Diese zeichnen sich durch eine vollständige Teilung, unabhängigem Einnisten in die Gebärmutter, zwei Plazenten sowie zwei Fruchtblasen aus.

 

Bei einer Teilung zwischen dem 3. und 7. Tag nach der Befruchtung wird von monochorial - diamnioten Zwillingen gesprochen. Dabei handelt es sich um eine vollständige Teilung des embryonalen Anteils, jedoch nicht des ernährenden Anteils.
Das bedeutet, dass es zwar zwei Fruchtblasen gibt, jedoch nur eine Plazenta zur Versorgung, wodurch ein gemeinsames Einnisten in der Gebärmutter entsteht.

 

Wenn die Teilung des Keimes erst nach dem 9. Tag der Befruchtung stattfindet, spricht man von monochorial-monoamnioten Zwillingen. Diese teilen sich sowohl die Plazenta, als auch die Fruchtblase.

Des Weiteren kann eine Teilung nach dem 13. Tag nach der Befruchtung als Folge haben, dass die Teilung nicht mehr vollständig möglich ist, also nur Teile des Keims geteilt werden, wodurch siamesische Zwillinge entstehen können.

 

Die letzte Unterteilung, welche bei den verschiedenen Typen von MZ-Zwillingen gemacht werden kann, ist der seltene Fall von unterschiedlichen Geschlechtern.

Diese Art ist sehr selten, da eine solche Zwillingskombination nur möglich ist, wenn die befruchtete Eizelle vor der Teilung XY-Chromosomen besitzt, welche durch eine fehlerhafte Mitose bei der Keimteilung eine zweite Zelle entstehen lässt, welche nur ein X-Chromosom im Zellkern trägt. Somit hat die zweite Zelle einen Chromosomenverlust des Y-Chromosoms.

Daraus kann sich ein Mädchen entwickeln, welches jedoch möglicherweise an den Folgen des Turner-Syndroms (Monosomie X) leiden kann.

 

MZ-Zwillinge besitzen somit die bestmögliche genetische Übereinstimmung, da sie aus einer Eizelle mit demselben Erbgut und denselben Erbanlagen hervorgegangen sind. 

Diese Feststellung führt dazu, dass man in vielen (vor allem Online-)Berichten lesen kann, dass MZ-Zwillinge „genetisch identisch“ sind. Jedoch ist diese Behauptung nur bis zum Zeitpunkt der Trennung im Mutterleib richtig, da sich von diesem Zeitpunkt an unterschiedliche Mutationen bilden können, welche dazu führen, dass sich die zuvor zu 100% gleiche DNA auseinanderentwickeln und verändern kann.

Solche Veränderungen sind auch nach der Geburt noch möglich. Wie genau solche Veränderungen möglich sind und welche Faktoren (zum Beispiel: soziale Umstände, Lebensereignisse oder biologische Bedingungen) darauf Einfluss nehmen können, damit beschäftigt sich die Epigenetik.

Sicher ist jedoch, dass auch MZ-Zwillinge bei der Geburt kein 100% gleiches Genom besitzen.

 

Zwillingsforschung

Durch das häufige Vorkommen von Zwillingen wurde bereits vor 150 Jahren mit der sogenannten Zwillingsforschung begonnen. Diese beschäftigt sich vor allem mit den Einflüssen, die umweltbedingte und genetische Faktoren auf Zwillinge haben können.

Damit diese Forschungen möglich sind, müssen sogenannte Zwillingskohorte gebildet werden.

Das sind Gruppen mit Zwillingspaaren, die aus wenigen Hundert bis mehreren Tausend freiwilligen Paaren bestehen können, die kontinuierlich zu verschiedenen Untersuchungen eingeladen werden, welche zu langfristigen Studien führen können.

Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, Teil dieser Zwillingskohorte zu werden.

 

Eine Möglichkeit ist die Registrierung von Zwillingen bei der Geburt, wobei die Zwillingsforschung an Neugeborenen nur in Ausnahmefällen durchgeführt wird.

Eine weitere Möglichkeit ist durch das Teilnehmen mit Auftreten einer (Erb-)Krankheit. Diese Möglichkeit wird besonders häufig genutzt, wenn es sich bei dem Auftreten um ein diskordantes Zwillingspaar handelt, also nur eine der beiden Personen erkrankt. Ein häufiges Beispiel für solche Krankheiten sind CED (chronisch entzündliche Darmerkrankungen), da diese überwiegend genetisch bedingt sind, jedoch trotzdem häufig nur eine von zwei Personen eines monozygotischen Zwillingspaares erkrankt.

Die dritte Möglichkeit, Teil einer Zwillingskohorte zu werden, ist durch das Stellen von Zeitungsanzeigen oder das Teilen eines Aufrufs in den sozialen Medien, welcher vor allem gesunde Zwillingspaare dazu motivieren kann, an den Studien teilzunehmen.

 

Wichtig zu erwähnen ist, dass sich die Zwillingsforschung hauptsächlich auf MZ-Zwillinge konzentriert, da die genetische Variation von DZ-Zwillingen von Beginn an zu groß ist, um eindeutige Schlussfolgerungen aus Testergebnissen ziehen zu können.

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