Name: Christina K., 2018-06

 

Chemosynthese

Das Überleben ohne Licht in der Tiefsee scheint eigentlich unmöglich. Doch es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Produzenten, dort ein Leben ermöglicht. Eine dieser Möglichkeiten, bei dem Lebewesen ohne Licht aufbauenden Stoffwechsel (Anabolismus) betreiben können, heißt Chemosynthese. Bei dieser Möglichkeit wird die Nähe zu Lava in der Tiefsee genutzt. Denn im Boden befinden sich Spalten, in denen das Meerwasser auf die heiße Lava des Erdinneren trifft. Das auf 300 °C erhitzte Wasser ist nach diesem Auftreffen nicht nur mit Mineralien, sondern auch mit Schwefelwasserstoff (H2S) angereichert. Aus diesem Schwefelwasserstoff gewinnen besondere Bakterien während verschiedener Reaktionen Energie, welche sie anschließend für die (wie gewohnt) ablaufende Dunkelreaktion nutzen können.

Die Chemosynthese ist die einzige Möglichkeit für Produzenten der Tiefsee energiereiche Kohlenstoffverbindungen aufzubauen. Sie nutzen dafür energiereichen Schwefelwasserstoff, der aus Black Somkern freigesetzt wird.

Generell versteht man unter Chemosynthese, die Vorgänge, bei denen aus energiearmen Kohlenstoffdioxid energiereiche Kohlenhydrate aufgebaut werden.
6CO2 + 6H2O + 6H2S + 6O2 ---> 6H2SO4 + C6H12O6


Chemosynthese ist somit ein autotropher Assimilationsvorgang. Sie muss nicht zwangsweise mit Schwefelwasserstoff ablaufen, denn auch die Oxidationsenergie anorganischer Substanzen wie H2S, NH3, Methan (CH4), H2 oder Eisen reicht zum Aufbau von Kohlenhydraten aus. Man findet sie nur bei aeroben Bakterien im Boden, in Gewässern, Bergwerken oder z. B. in der Tiefsee, in aktiven Vulkanen.

Chemosynthese wird durch Bakterien durchgeführt. Diese Bakterien nennt man chemoautolithotrophe Bakterien. Meist handelt es sich um Schwefelbakterien, Nitrifizierer, Knallgasbakterien und Methanobakterien. All diese Bakterien spielen eine wichtige Rolle im C-, S-und N-Kreislauf der Natur. Chemolithoautotrophe Bakterien findet man vor allem an extremen Standorten (heißen Quellen, in der Tiefsee an hydrothermalen Schloten).

Allen Vorgängen der verschiedenen Chemosynthesen ist gemeinsam, dass die oben genannten Ausgangsstoffe als Elektronendonatoren dienen (und somit oxidiert werden). Diese Elektronen werden entweder über eine Elektronentransportkette transportiert (zum Aufbau von NADPH+H+ und einem folgenden,dem Calvinzyklus ähnlichen Prozess, wobei ebenfalls Kohlenhydrate entstehen) oder zum Aufbau eines Protonengradienten genutzt. Letzter dient der Produktion von ATP.

Findet ein dem Calvinzyklus ähnlicher Prozess statt, so werden Kohlenhydrate ähnlich der bekannten Photosynthese aufgebaut:

6 H2O + 6 CO2 + (z.B. H2S oder CH4) ---Energie---> C6H12O6 + 6 O2



Chemosynthese im Detail: Bakterium und Röhrenwurm in der Tiefsee

Der Röhrenwurm „Riftia“ lebt im gleichen Habitat wie das Chemosynthese betreibende/schwefeloxidierende Bakterium. Beide kommen in der Tiefsee vor, besonders in Gegenden mit sogenannten „Black Smokers“. Diese sind Öffnungen im Meeresboden, durch welche Meereswasser auf heiße Lava des Erdinneren stößt.
1981 stellte die Mikrobiologin Colleen Cavanaugh fest, dass der Röhrenwurm kein Verdauungssystem besitzt. Somit stellte sich die Frage, wie er ohne Nahrung überleben kann. Die Biologin fand heraus, dass sich im Röhrenwurm Bakterien befinden, die die vom Röhrenwurm aufgenommenen Stoffe zum aufbauenden Stoffwechsel nutzen können.

Röhrenwurm mit Trophosom

Röhrenwurm mit Trophosom (zum Vergrößern anklicken)

 

Stoffe im Röhrenwurm

So nimmt der Röhrenwurm Kohlenstoffdioxid, Sauerstoff und Schwefelwasserstoff über seine Kiemenbüschel auf. Schwefelwasserstoff zerfällt im Wasser oft zu Sulfidionen (S2-), die der Röhrenwurm auch über die Kiemenbüschel absorbiert. Über diese Büschel gelangen die Stoffe in das Blut und damit auch in das Rückengefäß des Wurms. Dort befinden sich Kapillaren (feine Adern, Blutgefäße), die jeweils von Trophosomzellen umgeben sind. Die Stoffe gelangen in die Kapillaren und danach in die Trophosomzellen, wo sich die Bakterien befinden.

Schwefelwasserstoff im Röhrenwurm

Wichtig ist, zu erwähnen, dass Schwefelwasserstoff für uns Menschen und die meisten Tiere ein sehr gefährliches Zellgift darstellt. Wir Menschen besitzen einen Sauerstofftransporter, welcher Hämoglobin heißt. Jedoch zerfällt Schwefelwasserstoff (H2S) in Wasserstoff und Sulfid (S2-), welches mit Sauerstoff um die Bindung an Hämoglobin konkurriert. Damit verhindert es den Sauerstofftransport und somit die Zellatmung.
Das Riftia-Hämoglobin unterscheidet sich jedoch von dem Sauerstofftransporter unseres Bluts. Es besitzt nämlich zwei Bindungsstellen: eine für Sauerstoff und eine zusätzliche für Sulfid. Damit verhindern die Röhrenwürmer die Verhinderung ihrer Zellatmung und beliefern die Bakterien mit den für die Chemosynthese nötigen Stoffen.
 

Reaktionen im Bakterium

Im Bakterium geschehen nun mehrere Reaktionen. Zunächst einmal wird Schwefelwasserstoff zu Wasser und Sulfid oxidiert. Diese Produkte der ersten Oxidation reagieren danach mit Sauerstoff zu Sulfat und Protonen:

2 H2S + O2 ----> 2 H2O + 2 S                           ∆G = –420 kJ/mol
2S + 2 H2O + 3 O2 ----> 2 (SO4)2‐ + 4 H+        ∆G = –988 kJ/mol

Während dieser Oxidationen (Elektronenabgabe) wird Energie frei, die zur ATP-Synthese und zur NADP+-Reduktion genutzt wird. Diese Verbindungen werden im darauf folgenden Calvin-Zyklus, der auch in den Bakterien stattfindet benötigt.
Die dabei gebildete Glucose wird dann wieder von den Bakterien in die Trophosomzelle und dann in die Kapillaren geleitet. Nun kann die Glucose über die Blutgefäße vom Herz in alle Gewebe des Röhrenwurms geleitet werden. Die Zellatmung kann also stattfinden und der Wurm kann die Energie, die das Bakterium durch den Schwefelwasserstoff gewonnen hat, nutzen.

 

Bedeutung für das Ökosystem

Zunächst einmal ist das Verhältnis der Organismen zueinander zu beschreiben: Aufgrund dessen, dass der Röhrenwurm die für ihn überlebensnotwendige Glucose vom Bakterium erhält, ist er von diesem abhängig.
Auf der anderen Seite steht das Bakterium, welches durch den Röhrenwurm vor Fressfeinden geschützt wird und welchem die benötigten Stoffe durch den Röhrenwurm direkt zur Verfügung gestellt werden. Das Bakterium ist also auch vom Röhrenwurm abhängig. Aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit ist das Verhältnis der Organismen zueinander als Symbiose zu bezeichnen.
Die Bedeutung des Bakteriums für das Ökosystem ist außerdem nicht zu unterschätzen: Als einziger Organismus, der die Fähigkeit hat, ohne Licht Anabolismus (aufbauender Stoffwechsel) zu betreiben, ist er gleichzeitig auch der einzige Produzent. Von diesem kann die ganze Biozönose (Lebensgemeinschaft) profitieren, Zellatmung betreiben und überleben. Gäbe es dieses Bakterium in diesen besonderen Biotopen der Tiefsee nicht, so wäre ein vielfältiges Leben wie dieses dort schlicht unmöglich.


Vorkommen auf der Welt

Chemosynthese kann prinzipiell überall auf der Welt stattfinden, wo sich „Black Smoker“ befinden. Das heißt also, dass dieses System nur in der Nähe von Kontinentalplattengrenzen zu finden ist. Ein Vorkommen der Chemosynthese ist zum Beispiel in der Nähe der Galapagosinseln im Pazifik bekannt.

 

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