Name: Valentin Rech, 2018-01
Handlungsbereitschaft und ihre Beeinflussung
Definition
Die Handlungsbereitschaft beschreibt die Motivation eine bestimmte Handlung (z.B, eine Instinkthandlung) auszuführen. Sie wird dabei von inneren und äußeren Faktoren beeinflusst und ist somit ein Kontrollregler für das Ausführen von Handlungen.
Beeinflussung der Handlungsbereitschaft
Die Handlungsbereitschaft wird durch endogene (innere) und exogene (äußere) Faktoren beeinflusst:
Innere Faktoren gehen vom Individuum aus. Mögliche innere Einflussfaktoren sind z. B. Hunger, Durst, Müdigkeit, Lebensalter, Krankheiten oder Verletzungen, aber auch die hormonelle Situation und Erfahrungen des Lebewesens.
Äußere Einflussfaktoren werden von der Umwelt vorgegeben. Beispiele für exogene Faktoren sind Nahrungsangebot, Wetter, Temperatur, Konkurrenz oder auch Helligkeit.
Das Prinzip der doppelten Quantifizierung
Die Höhe der Handlungsbereitschaft eines Lebewesens und die Stärke eines Schlüsselreizes (z.B. das Erblicken von Beute) bestimmen die Intensität der Reaktion bzw. des gezeigten Verhaltens. Man spricht daher vom Prinzip der doppelten Quantifizierung, also von der doppelten Beeinflussung eines gezeigten Verhaltens durch Handlungsbereitschaft und Schlüsselreiz.
Ist die Handlungsbereitschaft Nahrung aufzunehmen sehr hoch, da beispielsweise der endogene Faktor Hunger starken Einfluss hat, so wird das Lebewesen auch schlechte Nahrung aufnehmen, welche nur einen schwachen Schlüsselreiz auslöst. Die Handlungsbereitschaft übertrumpft in diesem Fall also den schwachen Reiz. Andererseits kann ein starker Schlüsselreiz (wie zum Beispiel gutes Futter) eine Handlung auslösen, auch wenn das Lebewesen keinen Hunger hat. Die Handlungsbereitschaft also sehr gering ist.
Das Kybernetische Modell
1973 veröffentlicht der Verhaltensbiologe Bernhard Hessenstein das Kybernetische Modell, welches unter Berücksichtigung der doppelten Quantifizierung auch das Prinzip der Rückkopplung einbezieht. Das Modell lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen:
Betrachten wir wieder das Beispiel der Nahrungsaufnahme bzw. der Nahrung als komplexes Reizmuster. Der von ihr ausgehende Reiz wird im sogenannten Koinzidenzelement, einem fiktiven Steuerelement des Lebewesens, mit der Handlungsbereitschaft verrechnet. Ist die Summe von Handlungsbereitschaft und Schlüsselreiz, im Beispiel also von Hunger und Nahrung, hoch genug, so wird eine Reaktion ausgelöst (hier Nahrung aufgenommen). Diese wirkt sich wiederum auf den Versorgungszustand und somit abschwächend auf die Handlungsbereitschaft aus. Man spricht dabei von der negativen oder auch ökologischen Rückkopplung. Hat ein Lebewesen gerade Nahrung zu sich genommen, ist der Versorgungszustand gesättigt und die Handlungsbereitschaft erneut jagen zu gehen dementsprechend niedrig. Nach einer Zeit ohne Nahrungsaufnahme sinkt der Versorgungszustand wieder, was zur Folge hat, dass die Motivation bzw. Handlungsbereitschaft zur Nahrungsaufnahme wieder steigt.
Wenn eine Endhandlung längere Zeit nicht ausgeführt wurde, kommt es also zur Schwellenerniedrigung, welche ein Appetenzverhalten (die Suche nach dem Schlüsselreiz) auslöst. Die Handlungsbereitschaft ist somit auch für Appetenzverhalten und Erbkoordination verantwortlich.
Hierarchische Organisation der Handlungsbereitschaft
Offensichtlich hat nicht jede Handlungsbereitschaft den selben Stellenwert. Darauf baut das Modell der hierarchischen Organisation der Handlungsbereitschaften auf. Hierbei wird jeder erbkoordinierten Handlung eine Handlungsbereitschaft zugeordnet. Weitergehend werden die Handlungsbereitschaften in verschiedene Untergruppen eingeteilt. Diese werden wiederum einer Obergruppe zugeordnet. Somit hängen die verschiedenen Handlungsbereitschaften der Untergruppen, wie z. B. Brutpflege, Paarungsverhalten usw. immer unmittelbar mit der übergeordneten Handlungsbereitschaft (hier Fortpflanzung) zusammen.