Anna-Lena Glotzbach, 2017-03
Soziobiologie
Die Soziobiologie wurde bereits in den 1940er-Jahren begründet. Sie befasst sich mit den biologischen Grundlagen allen Sozialverhaltens jeglicher sozialer Organismen. 1975 wurde das Buch "Sociology", von Edward O. Wilson, veröffentlicht. Wilson gab der evolutionsbiologischen Strömung der Verhaltensbiologie somit seinen Namen. In diesem Buch legte er die neuen bewiesenen Theorien über das Verhalten der Tiere dar. Nach der neuen Sichtweise des Verhaltensforschers können Tiere ihr Verhalten auch bewusst gegen das Wohl der eigenen Art richten, sofern dies eigene Fortpflanzungsvorteile mit sich führt. Forscher der klassischen Ethologie hingegen sind der Ansicht, dass Tiere nur zum Wohle der eigenen Art handeln.
Folgende Annahmen und Schlussfolgerungen bildeten das Fundament der neuen Erkenntnisse Wilsons:
Zunächst sei das tierische Verhalten (der Habitus) teilweise auf die Genetik zurückzuführen.
Dennoch lägen differierende Allele der Individuen vor und somit auch Unterschiede im angeborenen Verhalten.
Das individuelle Verhalten entscheide darüber, inwiefern das Tier in der Lage sei seinen Nachwuchs aufzuziehen. Diejenige genetische Grundlage, die zu einer Großzahl an überlebenden Nachkommen verhelfe, setze sich in der Evolution durch.
Dies führe zu genetischem Egoismus: die Tiere versuchen so viele Nachkommen wie möglich zu produzieren (direkte Fitness), um ihre Gene in der Evolution durchzusetzen. Hinzukommt noch der Fakt, dass es Eizellen sind, die eine zu umwerbende Ressource darstellen. Aus dieser Gegebenheit lassen sich Voraussagen über das Verhalten beider Geschlechter machen.
Eine indirekte Fitness erhalten die Tiere durch die sogenannte Verwandtenselektion: Tiere neigen dazu anderen verwandten Tieren bei der Aufzucht deren Nachwuchses zu helfen, wenn der Nachwuchs dieselben Genkopien in sich trägt. Dies wiederum bedeutet für das Tier, dass sich seine Gene in der Population durchsetzen.
Jede Verhaltensweise der Tiere birgt jedoch Selektionsvor- und nachteile. Die Evolution sondert jene aus, deren Kosten den Nutzen übersteigen. Somit gehen meist Tiere aus der Evolution hervor, die scheinbar das Kosten-Nutzen-Verhältnis abwägen können und ein Maximum an Nutzen bei einem Minimum an Kosten anstreben.
Der am Ende des Lebens erreichte Lebensfortpflanzungserfolg lässt auf die individuelle Qualität der Angepasstheit einzelner Tiere rückschließen. Notwendige Vergleichszahlen sind jedoch nur durch zeitaufwändige Freilandbeobachtungen ermittelbar.
Allgemein lässt sich jedoch festhalten, dass Forscher der Soziobiologie biologische Vorgänge in Organisationen anhand von Ethologie, Psychologie, Resultaten aus Laborversuchen und Feldstudien sowie Grundlagen der Genetik, Ökologie und Populationsbiologie analysieren.
Soziobiologie des Menschen
Neuerdings wird versucht die Erkenntnisse der Soziobiologie auch auf den Menschen anzuwenden. Jedoch birgt dies aufgrund der Komplexität menschlichen Verhaltens sowie dem Vorhandensein von Kultur viele Schwierigkeiten. Dennoch ist es Forschern gelungen Übereinstimmungen im menschlichen Verhalten verschiedener Gesellschaften zu finden. Der mütterliche Schutz- und Pflegetrieb und das Buhlen der Männchen um die Weibchen sind nur zwei Beispiele für besagte Übereinstimmungen. Dies lässt darauf schließen, dass auch menschliches Verhalten einer natürlichen Auswahl unterliegt und Anpassungsfähigkeit hat.
Es ist davon auszugehen, dass das Wertesystem der Menschen teilweise auf angeborene Verhaltensdispositionen zurückzuführen ist. Diese angeborene Genetik beeinflusst folglich unsere Moral und unsere Gerechtigkeitsvorstellungen. Nichtsdestotrotz lassen jene Dispositionen Freiräume für notwendige ergänzende kulturelle Verhaltensordnungen, die ein harmonisches Zusammenleben erst ermöglichen.
Menschliches Verhalten lässt sich jedoch nicht nur anhand allgemeiner Verhaltensweisen, ihrer Bedeutung, Genetik und Vorteile unter Bezugnahme auf jeweilige Umweltsituationen ergründen. Es wird eine Koevolution von genetischer Vererbung und kultureller Tradierung angenommen. Das bedeutet, dass Verhaltensforscher der Soziobiologie bei der Evolution menschlichen Verhaltens von einer Wechselwirkung zwischen angeborenem Verhalten und kultureller Informationsübermittlung ausgehen. Beide Komponenten wirken jeweils auf den anderen ein: So war die Entwicklung des menschlichen Geistes und somit auch die Entwicklung von Kultur erst durch bestimmte genetisch gesteuerte physikalische Prozesse möglich. Die Kultur wiederum wirkt sich auf die geistige Entwicklung aus.
Genetische und kulturelle Verhaltensweisen unterliegen einer natürlichen Auswahl. Durch die Kultur kann der Mensch dieser jedoch entgegenwirken, so hat er bspw. Probleme der Fortpflanzung mit ihrer Hilfe gelöst und dadurch Anpassungsvorteile an gegebene Umweltbedingungen geschaffen.