H. Hoffmeister, 2017-12

 

"Der Schrei" von Edvard Munch von 1893 ist das bekannteste Bild des norvegischen Malers, der am 12.12.1863 geboren wurde. Es steht als bedeutendes Werk am Anfang der Moderne. Munch lebte in Oslo. 

Edvard Munch

Munch kam als schwaches Kind zu welt, die Ärzte glaubten nicht, dass er überleben würde. Munch wuchs streng religiös unter der Hand seines Vaters auf. Seine Mutter war 1869 bereits verstorben. Als Jugendlicher rebelliert Edvard gegen die religiös-puritanische Erziehung. Das Konzept der christlichen Hölle schreckte ihn ab.
Er fragte sich, was den Menschen aber anstelle des Christentums Halt geben könne.

Munch war Zeit seines Lebens ängstlich. Angst und Lebensangst wurde zu seinem Leitmotiv: "Die Lebensangst hat mich begleitet, seit ich denken konnte", sagte er später dazu.

Der dänische Philosoph und Schriftsteller Sören Kierkegaard hat 1844 die Angst als Erster in seinem Buch "Der Begriff der Angst" zu einem philosophischen Thema gemacht. Er unterschied darin erstmals zwischen Furcht und Angst.

 

Der Schrei

Das Gemälde beschreibt die Angst als ein Grundgefühl der Moderne. Er selbst sagte dazu: "Dann ging die Sonne unter, der Himmel wurde plötzlich blutrot. Ich hielt an, lehnte mich todmüde an das Geländer. Über dem blauschwarzen Fjord und der Stadt lag der Himmel wie Blut und Feuerzungen. Meine Freunde gingen weiter, und ich stand allein, zitternd vor Angst. Mir war, als ging ein mächtiger, unendlicher Schrei durch die Natur."

Edward Munchs Scream

Quelle Bild: Public domain: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Scream.jpg

 

Der Mund klafft auf wie ein riesiges Loch, starre Pupillen und eine konturlose Gestalt. So steht die Gestalt, in Edvard Munchs Gemälde aus Öl, Tempera und Pastell und auf Karton gemalt.

Der Betrachter fragt sich, was der Grund für den Schrei und der Grund für die Angst sein könnte. Sieht man das Bild, so erfährt man nichts darüber. Die Angst scheint keinen Auslöser zu haben und vermutlich weiß der Schreiende es auch nicht. "Die Angst ergreift einen ohne Grund und ist im wahrsten Sinne abgründig."
Scheinbar nimmt auch niemand den Schrei wahr. Die beiden Gestalten im Hintergrund scheinen unbeteiligt.

 

Die Moderne

Angst kann als zentrales Thema der Moderne verstanden werden. In der Moderne bricht sie über den Menschen herein, da nun durch gesellschaftliche Entwicklungen der Neuzeit Vertrauen und, Zuversicht und Weltvertrauen schwinden. Kierkegaard analysiert dazu die Angst in ihrer Abgründigkeit, Friedrich Nietzsche hingegen spricht vom Tod Gottes. Nietsche sieht darin die "Heraufkunft des europäischen Nihilismus".
Nach Kierkegaard ist "Die Angst ist der Schwindel der Freiheit", und weiter, "der eigentliche, tiefste Grund ist, dass der sich Ängstigende in das Nichts seines eigenen Abgrunds blickt.

Munch hat zum Zeitpunkt des malens seines Meisterwerks Kierkegaard nicht gekannt. Aber trotzdem passt die Angst aus Munchs Bild als gemeinsames Gefühl zu Kierkegaards Schriften. Munch lernte sein Pendant erst viel später kennen und hat dazu gesagt: ""Ich habe erst in späteren Jahren mit Kierkegaard Bekanntschaft gemacht, und ich finde merkwürdige Parallelen bei ihm. Jetzt verstehe ich, dass man so oft meine Arbeiten mit ihm verglichen hat. Das habe ich früher nicht verstanden."

 

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Einfluss auf die Gegenwart

Der Schrei hat als Gemälde der Moderne viele weitere Künstler beeinflusst. So hat zum Beispiel der italienische Künstler und Autor Alberto Magnolfi sich dem Thema Internet, Massenmedien und moderne Lebensweise und der Einfluss auf den heutigen Menschen gewidmet:

Kein EMpfang - oddio non c'è campo - Gegenwartskritik

Alberto Magnolfi: "Oh Gott, ich habe keinen Empfang"

 

Magnolfi kritisiert vor allem die negativen Einflüsse, Ablenkungen, den Kontrollverlust und die Hilflosigkeit der Menschen im Umgang mit modernen Medien. Sein aktuelles Werk (2017) "Wi Fi il burattino senza fili" vergleicht dabei Pinocchio, der abhängigwar, weil er als Marionette an Fäden hing, mit dem modernen Menschen der ohne Drähte, "wireless", also über Wlan abhängig und steuerbar ist.